Das Wasser aus ihrem Brunnen könne sie schon lange nicht mehr trinken, sagt eine ältere Ladenbesitzerin in der südchinesischen Provinz Jiangxi. «Das Wasser brauche ich nur noch, um den Boden zu putzen, aber nicht zum Kochen oder zum Trinken.»
Die Frau zeigt uns die braungraue Pfütze in ihrer Quelle, die mit einem öligen Schimmer überzogen ist. «In der ganzen Region ist das Grundwasser verschmutzt», sagt sie. Derweil donnern Lastwagen mit abgebauten Seltenen Erden am Haus vorbei.
Gewonnen werden diese, indem giftige Laugen in den Boden geschüttet werden, um die begehrten Elemente aus der Tonerde zu lösen. Hier geschah dies jahrzehntelang in illegalen Minen. Jiangxi ist eines der weltweit wichtigsten Abbaugebiete.
Auf das, was mit den toxischen Flüssigkeiten nach dem Abbau geschah, haben die Behörden in China und die Abnehmer – auch im Westen – lange nicht hingeschaut. Vergiftetes Grundwasser, tote offene Gewässer und Bodenerosion waren die Folgen.
Sensible, verstaatlichte Industrie
Als wir uns einer staatlich kontrollierten Mine nähern, überholt uns ein Pick-up und stellt sich quer über die Strasse. Besucher sind nicht willkommen. Wir drehen um und der Pick-up verfolgt uns, bis wir den Bezirk verlassen.
Auch im nächsten Bezirk werden Seltene Erden abgebaut. Die Bewachung ist weniger rigide, und wir können eine Mine besichtigen. Auch hier werden die Seltenen Erden mit Laugen aus dem Boden geholt.
Heute geschieht dies nicht mehr in illegalen Kleinbergwerken, sondern staatliche Konzerne betreiben den Abbau. So sollen weitere Verschmutzungen vermieden werden. Zudem entwickelte China neue, umweltverträglichere Abbaumethoden.
Minenarbeiter gehen nach Myanmar
Herr Zhen wohnt unweit der besuchten Mine. Er erzählt, wie der Fluss hinter dem Haus lange tot gewesen sei. Nun kämen die Fische langsam zurück, eine Folge des vermeintlichen Umweltbewusstseins.
Der Staat investiert Milliarden, um die Umweltschäden in Jiangxi wieder zu beheben. «Sie haben die Frauen im Dorf angeheuert, damit diese die ehemaligen Minen wieder bepflanzen», sagt Bewohner Zhen.
Gleichzeitig seien Tausende, die ihren Job in den illegalen Minen verloren haben, nach Myanmar und Laos gegangen, um dort Seltene Erden abzubauen.
Myanmar: Seltene Erden im Bürgerkrieg
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In Myanmar boomt der Abbau von Seltenen Erden. Der Abbau geschieht in der Grenzregion zu China, überwiegend im Kachin-Staat im Norden des Landes und zunehmend auch im Shan-Staat.
Die Abbaumethode ist sehr umweltschädlich. Inzwischen wurden sogar in Thailand giftige Stoffe in Flüssen nachgewiesen.
China arbeitet als Hauptabnehmer jeweils mit der Seite von Akteuren zusammen, die die Kontrolle über ein bestimmtes Gebiet hat. Im Kachin-Staat etwa mit der Kachin Independence Army (KIA), die grosse Teile der Region und somit wichtige Abbaugebiete kontrolliert.
Gleichzeitig nutzt China seine Macht als politisches Druckmittel: Beim Kampf um die strategisch wichtige Stadt Bhamo soll China der KIA gedroht haben, Importe von Seltenen Erden aus dem von ihr kontrollierten Gebiet zu stoppen, wenn sie sich nicht zurückziehe und die Stadt der Junta überlasse. China gilt weiterhin als wichtigster Unterstützer der Militärjunta.Südostasien-Korrespondent Martin Aldrovandi
Statistiken zeigen, dass China zunehmend abgebautes Material aus Myanmar importiert und hier dann die Seltenen Erden separiert.
China exportiert Problem
Die Chinesen spielten eine zentrale Rolle beim Abbau Seltener Erden in Myanmar. Das sagt Experte Thomas Krümmer vom Beratungsunternehmen Ginger in Singapur. Er hat Satellitenbilder vom Abbau gesehen und denkt, dass dieselben umweltschädlichen Methoden angewendet werden wie einst in Jiangxi.
Die Umweltverschmutzung durch den Abbau von Seltenen Erden wurde nicht beseitigt, sondern verlagert. Die chinesischen Regeln greifen in Südostasien nicht und die westlichen Abnehmer wollen offensichtlich noch immer nicht genau wissen, unter welchen Umständen die Basisrohstoffe für die Energiewende gewonnen werden.
SRF kooperiert mit «FAZ» und «Le Monde»
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Für diesen Artikel hat SRF mit der deutschen «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» und der französischen Zeitung «Le Monde» zusammengearbeitet.